Führen in Teilzeit:

Möglichkeiten, Fallen und Alternativen für dich

Führen in Teilzeit ist in jedem Fall möglich, wenn das Mindset und die Rahmenbedingungen im Unternehmen stimmen. Dieses Lebenskonzept hat aber nicht nur Vorteile – die Entscheidung sei also wohl überlegt. Und in der Arbeitswelt von morgen wird es sowieso neue Konzepte geben.

Das erwartet dich hier:

Führen in Teilzeit

Kinder, Familie und Beruf unter einen Hut bringen – geht das? Ja, das geht, wie zahlreiche Menschen tagtäglich beweisen. International gibt es viele unterschiedliche Wege für Kind und Karriere und ein Blick über den Tellerrand lohnt in jedem Fall. Führen in Teilzeit ist ein möglicher Weg, der aktuell hauptsächlich von den Frauen in den deutschsprachigen Ländern gegangen wird.

In diesem Blogbeitrag möchte ich gerne auf die 3 unterschiedlichen Ebenen hinweisen:

  • Auswirkungen auf gesellschaftlicher Ebene
  • Rahmenbedingungen in Unternehmen
  • Deine individuelle Entscheidungsmacht
Frauen in Führungspositionen

 

Führen in Teilzeit – ein weibliches Phänomen aufgrund der Kinderbetreuung

Die deutschsprachigen Länder nehmen bei der Teilzeitarbeit eine Sonderstellung ein, denn die Teilzeitquote ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit einer Ausnahme am höchsten in Europa – vor allem bei den Frauen. Es gibt nur ein EU-Land, in dem mehr Menschen in Teilzeit arbeiten: die Niederlande.

In osteuropäischen Ländern wie Bulgarien, der Slowakei, Rumänien, Ungarn usw. ist dagegen ein wesentlich geringerer Anteil (zwischen 1,6 und 6 %) aller Erwerbstätigen Teilzeit beschäftigt. (Quelle: Statista, 2022)

In Österreich arbeitet die Hälfte der Frauen in Teilzeit und die Hauptgründe für die Arbeitszeitreduktion liegen bei der Betreuung von Kindern und Angehören und bei der Übernahme von „anderen persönlichen Verantwortungsbereichen“. Der Prozentsatz von Männern, die einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen ist hingegen wesentlich geringer und liegt bei knapp über 11 %. Die beiden Hauptgründe für eine Reduzierung der Arbeitsstunden bei Männern sind eine unzureichende Ausbildung und fehlende Angebote für Vollzeitstellen.

Großteils sind es also die Frauen, die ihre Arbeitszeit reduzieren, um die Kinderbetreuung zu bewerkstelligen – mit allen Nachteilen.

Im Jahr 2020 haben etwa 72 % aller Mütter mit Kindern unter 15 Jahren in Teilzeit gearbeitet. (Quelle: Wieso Frauen in der Teilzeit hängen bleiben?) Darüber hinaus zeigen Studien, dass Mütter in Österreich auch zehn Jahre nach der Geburt ihrer Kinder etwa 50 – 60 % weniger verdienen als vor der Mutterschaft. (Quelle: Der Standard, 2022)

Und wie sieht es mit Frauen in Führungspositionen aus?

Im EU-Durchschnitt arbeitet eine von fünf Frauen in Führungspositionen in Teilzeit. Bei Männern sind es hingegen nur 3 von 100.

Beim Vergleich zwischen den Ländern Europas fällt auf, dass der Anteil der Männer in Teilzeit in Europa relativ stabil ist, während er bei Frauen sehr stark schwankt. Von 27 % in den Niederlanden, über etwa 15 % in Deutschland und Österreich bis zu etwa 10 Ländern in Europa mit Teilzeitquoten von Frauen in Führung unter 10 % (hauptsächlich in Osteuropa).

(Quelle: Führung in Teilzeit? Eine empirische Analyse zur Verbreitung von Teilzeitarbeit unter Führungskräften in Deutschland und Europa)

 

Führen in Teilzeit: Chancen und Herausforderungen für Unternehmen

Unternehmen, die ein Führen in Teilzeit ermöglichen, setzen sich stark dafür ein, mehr Frauen für Führungspositionen zu gewinnen. In den meisten Unternehmen ist Führung in Teilzeit möglich.
Im Rahmen eines meiner Workshops vor vielen Jahren in einem amerikanischen Konzern wurde ein Mindestausmaß von 20 Stunden für die Führungsverantwortung festgelegt. Im letzten Lunch & Learn Workshop haben wir festgestellt, dass die meisten der anwesenden Frauen in Führungspositionen etwa 30 Wochenstunden arbeiten – die Flexibilität seit Covid unterstützt das Thema sehr.

Vereinzelt treffe ich immer noch auf Betriebe, die ein Führen in Teilzeit von vornherein ausschließen oder dieser Möglichkeit mit viel Skepsis begegnen. Gründe für die fehlende Offenheit sind oftmals Vorurteile, wie etwa die Annahme, dass eine Führungskraft rund um die Uhr erreichbar sein müsse. So fand eine Studie der FH Wien aus 2017 Folgendes heraus:

„Über alle Befragten hinweg zeigte sich, dass Teilzeitkräfte zwar in Summe als etwas produktiver, schneller und engagierter wahrgenommen werden, dem jedoch Argumente wie „nicht zu Überstunden bereit“ und „nicht verfügbar“ entgegenstehen.“ (Quelle: Motiviert, effizient, in Teilzeit)

Eine Meinung, die sich meiner Erfahrung nach leicht entkräften lässt: Führen in Teilzeit heißt zwar, dass man nicht ganztags für Meetings, Telefonate oder persönliche Gespräche verfügbar ist, doch – Hand aufs Herz – welche Führungskraft ist das schon?

Fakt ist, Führen in Teilzeit erfordert die gleichen Skills, wie eine Vollzeit-Stelle. Perfektes Zeitmanagement gepaart mit Fokus und Klarheit sind dabei unverzichtbar.

Übrigens: Das sind Fähigkeiten, die Mütter jeden Tag als Familienmanagerinnen an den Tag legen (müssen).

Ein Tipp für dich:

Dieser Artikel erscheint infolge meines neuen Formats Lunch&Learn. Dabei bringe ich dir einmal im Monat in 60 Minuten viele wertvolle Praxis-Tipps aus den Bereichen Mindset, Persönlichkeitsentwicklung und Business näher – kurz, knackig und kompakt in der Mittagspause.

 

Melde dich hier an, um beim nächsten Lunch&Learn dabei zu sein.

Es gibt wieder spannende Themen 🙂

Führen in Teilzeit als Maßnahme gegen den Arbeitskräftemangel

Ein Szenario, das ich oft in Unternehmen beobachte, ist die Teilzeit-Falle. Mitarbeiterinnen, die ihr Stundenpensum einmal reduziert haben, bleiben dabei – auch wenn die Kinder schon größer und die Betreuungspflichten kleiner geworden sind.

In diesem Zusammenhang möchte ich Unternehmen ans Herz legen, ihre Teilzeit-Mitarbeiterinnen aktiv anzusprechen und wertschätzend zu fragen, ob eine Erhöhung des Stundenausmaßes für sie denkbar wäre. Diese kleine Maßnahme könnte auf sehr einfachem Weg personelle Ressourcen schaffen und sogar als Maßnahme gegen den Arbeitskräftemangel dienen.

Führen in Teilzeit – Dein Leben, deine Entscheidung! 

Ob du eine Führungsposition in Teilzeit anstreben möchtest oder nicht, ist eine sehr private und individuelle Entscheidung, bei der viele Faktoren eine Rolle spielen. Im Mittelpunkt steht dabei aber immer die Frage nach dem Lebensmodell, das Dir vorschwebt.

  • Wie möchtest du deinen Alltag gestalten? Egal, ob du Kinder hast, Teil einer Musikkapelle bist oder eine Ausbildung planst.
  • Welchen Raum sollen dabei dein Beruf und dein Privatleben einnehmen?

So ist es beispielsweise in Schweden gang und gäbe, dass beide Elternteile in Teilzeit arbeiten und sich die familiären Aufgaben teilen. Viele junge Menschen kommen nach dem Studium in den Arbeitsmarkt und wollen „nur“ in Teilzeit arbeiten.

Die meisten Mütter in Teilzeit sagen mir: „Ich arbeite im Unternehmen offiziell 30 Stunden, aber in Wirklichkeit sind es viel mehr.“ Diesen Frauen rate ich, dieses Modell zu überdenken. Sie verzichten einfach auf viel Geld und warum sollten sie das tun? Die meisten Männer in meinem Umfeld kommentieren das so: „Das würde ich NIE tun!“ Nahezu alle Väter würden sich eine Vollzeit-Stelle bezahlen lassen, wenn sie diese de facto ausfüllen, und Flexibilität einfordern.

 

Eine weitere große Gefahrenquelle ist aus meiner Sicht:
Bist du bisher zu 100 Prozent für Kinderbetreuung und Haushalt zuständig und ist das der Grund für deine Teilzeit-Arbeit, dann solltest du dieses Konzept unbedingt überdenken – denn diese Doppelbelastung geht letztlich auf deine Kosten

Die große Gefahr der Doppelbelastung

 In Österreich gilt es als „normal“, dass Frauen in Teilzeit arbeiten und viel Zeit mit den Kindern verbringen. Das ist auch schön. Eine Reduzierung der Arbeitszeit von Männern ist dagegen mit vielen Vorurteilen behaftet.

Aber seien wir uns mal ehrlich: Väter UND Mütter möchten gerne mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen – und beide Elternteile benötigen mehr Mut für Veränderung, um ihr Lebens- und Karrieremodell in die Arbeitsweilt zu bringen: Denn mehr Mütter in Führung bedeutet auch mehr Väter in Teilzeit.

Zusätzlich sollte jeder Frau bewusst sein, dass wir mit dem Konzept „Mutter und Teilzeit“ und „Vater und Karriere und Vollzeit“ das aktuelle, traditionelle Rollenbild stärken, also Veränderung verhindern. Solange so viele Frauen in Teilzeit arbeiten wie aktuell, wird die Verantwortung für die Kinderbetreuung und den Haushalt an den Müttern hängenbleiben.

Und seien wir mal ehrlich: Es ist für viele Väter sehr bequem, wenn ihnen zu Hause „alles“ abgenommen wird. Damit auch Väter Interesse an einem Wandel haben, müssen sie die damit verbundenen Vorteile erkennen, also etwa die positiven Wirkungen im Unternehmen und auch die Vorteile im Falle einer Scheidung.

 

Kind und Karriere

Ich möchte noch ein Gespräch mit dir teilen:

Vor ein paar Wochen habe ich mich mit einer Frau unterhalten, die mit 24 Arbeitsstunden in der Woche ein ganzes Team führt. Sie meinte: „Ich kann nicht mehr arbeiten. Ich pflege meine Mutter, habe zwei Kinder und einen Mann, um den ich mich kümmern muss. Auch mein Tag hat nur 24 Stunden!“

Meine Antwort: „Wenn Du mit diesem Konzept glücklich bist und es für dich passt, dann freut es mich. Es gibt nur einen Aspekt, den ich gerne mit dir teilen möchte: Es profitieren alle Beteiligten von diesem Lebenskonzept – außer DIR. Du rennst wahrscheinlich jeden Tag wie eine Ameise durchs Leben und schleppst Pakete herum, die schwerer sind als dein eigenes Körpergewicht. Du bist die einzige Person, die durch diese Arbeitsaufteilung Nachteile erlebt – sowohl deine Finanzen als auch deine langfristige Gesundheit leiden darunter.“

Führen in Teilzeit – mein Fazit

Ich begleite seit Jahren Frauen in Führungspositionen und erlebe selbst als Mutter von drei Kindern den täglichen Spagat zwischen Beruf und Familie. Um ihn zu bewerkstelligen, gehen nach wie vor viele Frauen den Teilzeitweg und nehmen dabei viele Einbußen finanzieller und persönlicher Art in Kauf.

Eine Trendwende ist jedoch in Sicht. In der Arbeitswelt von morgen wird es immer mehr auf die Leistung und die Ergebnisse ankommen und die Arbeitszeit irrelevant werden. Immer mehr Menschen möchten sowieso nur mehr 4 Tage arbeiten und/oder fordern Flexibilität ein. Auch Jobsharing ist ein möglicher Weg und wird vermehrt angeboten.

Letztlich liegt es an dir und mir, an jeder einzelnen Frau selbst. Teilzeit aufgrund von Kinderbetreuung hat viele Nachteile, die wir bewusst hinterfragen sollten, um diesem traditionellen Rollenbild zu entkommen.

Indem du eine aktuelle Situation hinterfragst, in deiner Familie neue Wege gehst und deinen Partner mehr in Haushalt und Kinderbetreuung einbindest, wirst du zur Vorreiterin im gesellschaftlichen Wandel bezüglich Führen in Teilzeit.

Ein Glaubenssatz, der für mich so viel verändert hat:

Wir leben im 21. Jahrhundert und mein Partner und ich teilen uns die Kinderbetreuung und den Haushalt 50:50.

 

Wie sieht dein Weg aus – arbeitest du in Teilzeit oder Vollzeit und möchtest du daran etwas ändern? Arbeitest du im HR in Deinem Unternehmen und suchst nach Best Practice Beispielen. 

Ich lade dich ein, in einem persönlichen Kennenlern-Gespräch eine Strategie für deine nächsten Schritte zu entwickeln!

Autorin | Maren Wölfl
Hi, ich bin Maren! Als Expertin für Frauen, Mütter und Leaderinnen unterstütze ich ambitionierte Frauen bei Leadership, beruflicher Weiterentwicklung und Erfolgs-Mindset.